Ausflug nach Amerika

Ein Osterspaziergang damals daheim (ein Beitrag von Roland Fischer, Egerer Zeitung 1997)

Hinter ein paar Bergen und drüben „überm großen Teich“ liegt „Amerika". Wir hatten es nicht allzu weit nach Amerika, wir konnten es sogar zu Fuß erreichen. Kommt mit mir, wir wollen nicht auswandern, aber hinauswandern nach Amerika im Egerland.

Hinunter gehen wir die Steingasse, vorbei an der Dominikanerkirche, unter deren Treppenaufgang ein kleiner Brunnen plätschert, vorbei an der kleinen Kirchenstiege, am „Schanzl“ und am Zunftbrunnen. Hinter der Straßenkreuzung liegt der „Saiwink’l“ und am Giebel eines der Häuser mahnt uns der Spruch: „Du siehst den Splitter im Auge des Nächsten, den Balken im eigenen Auge siehst Du nicht.“ Das große Wandbild zeigt zwei Männer, die sich gegenüberstehen, der Balken im Auge des einen ist unübersehbar.

Über die stählerne Egerbrücke - im Wasser unten sehen wir ein paar Weißfische - geht's vorbei am Mayergarten in die Franzensbader Straße. Rechtwinkelig biegt die Straße nach etwa zweihundert Metern ab. Links Gerberviertel, Hafnerbergl, Spittelhofgasse, rechts Gärtnerein - der Goldberganstieg beginnt. Wenn man mit dem Fahrrad nach Franzensbad fährt, versucht man, den Berg durchzutreten, aber - er ist steiler und länger als man denkt!

Rechts führen die Grüngasse und die Feldgasse hinüber zur Hillariawiese, hält zur „Hüll(a)re“. - Vor der Brucktorkaserne steht ein Soldat auf Wache. Auf der anderen Straßenseite fällt die hohe Treppe auf, welche zur Forstschule hinaufführt. Gleich hinter der Kaserne zweigt die Kammergasse ab, der wir jetzt folgen. Durch den noch unbelaubten Bewuchs sieht man über und das Morawetzheim.

Morawetzheim auf dem Goldberg

Auswärtige Schulfreunde, welche aufgrund der Entfernungen keine Fahrschüler sein können, wohnen dort, soweit sie nicht bei einer „Kostschächt'l“ eine „Bude“ gefunden haben. - Die Kammergasse ähnelt einem Hohlweg und wirkt fast ein bißchen unheimlich -bis sie oben auf die Liebensteiner Straße stößt. Wenige Schritte weiter, Jahnhügel und Spittelhof lassen wir links liegen, öffnet sich der Blick ins nordwestliche Egerland. Aus dem leicht nach Osten abfallenden Kessel ragt der Kammerbühl mit seiner dunkel wirkenden Kiefernbewaldung und in der Ferne säumen die Bergrücken des Fichtel-, Elster- und Erzgebirges das Land. Der Mariahilfsberg - der Kulmer Riegel, bildet den Abschluß nach Osten. - Die Felder zeigen einen Anflug von Grün, Huflattich säumt die Wegränder, die Obstbäume an den Straßenrändern haben schon dicke Knospen. Erste Frühlingsboten - Meister Lenz läßt nicht mehr lange auf sich warten.

Wir verlassen die Straße, um auf einem Feldweg in Richtung Kammerbühl weiterzuwandern. Der Wind hat die Felder abgetrocknet und auch unser Weg ist relativ trocken und gut begehbar. Die Talmulden, die sich in Richtung Triesenhof und Lehenstein ziehen, sind noch feucht und in der Nähe der Wiesengrä-benränder, an welchen gelb die Dotterblumen leuchten, zeigt sich ein saftiges Grün. Links am Wegrand steht ein Feldkreuz und erinnert an das österliche Geschehen. In dem kleinen Teich rechts des Weges spiegelt sich der blaue Himmel und die weißen Wolken, welche uns schon den ganzen Weg begleiten. - Unser Weg quert die Straße zum Kammerhof. Wieder zeugt ein Wegkreuz vom Gottglauben der Bevölkerung. Links von uns, allein auf weiter Flur, liegt die Volksschule von Reisig. Die Schulkinder, die hierher gehen müssen, haben einen langen Schulweg zu ihrer einklassigen Schule.

Vor uns liegt der Kammerbühl, ein kleiner, erloschener Vulkan, einst „feuerspeiender“ Berg, im Egerland. Der Bühl ragt nur dreißig Meter über die Umgebung. Fünfhundert Meter über Meereshöhe sein Gipfel, von welchem das ganze Egerland und der Kranz seiner Randgebirge zu überblicken sind.

Am Fuße vor uns liegt der Kammerhof. Behäbig, breit, wie es eben Egerländer Bauernhöfe so an sich haben. Fachwerk, Stall und Vieh - Egerland! Wir umgehen ihn in westlicher Richtung, um zum sogenannten „Krater“ zu gelangen. In Wirklichkeit ist es die frühere Abbau- bzw. Entnahmestelle der vulkanischen Schlacke. Ein beachtliches Bauwerk, der schwarze Turm unserer Kaiserburg, wurde aus Kammerbühlschlackesteinen erbaut. - Einen kleinen Brocken „Lava„ nehmen wir uns mit, ist es doch ein Stück aus den Tiefen, aus dem Inneren unserer Erde. Den Goethefelsen, den Stolleneingang, den Gipfel wollen wir heute nicht aufsuchen, wir heben’s uns auf für ein andermal, wenn wir nur auf den Kammerbühl gehen. - Ein Trampelpfad, der steil über scharfkantige Lava führt, bringt uns auf den nördlichen Kraterrand. Vor unserem Auge Franzensbad und „Amerika“! Silbern glänzt die Wasserfläche des Amerikateiches, und das „Egerländer“ Fachwerk der Gaststätte leuchtet in der Sonne zu uns herauf.

Kammerschloessl und Cafe Amerika

Der Weg führt hinab zum „Kammerschlößl“. Mit Egerländer Fachwerk, der Landschaft angepaßt schönen Veranden und einem großen Kaffeegarten lädt es ein zum Verweilen. Wir wollen aber weiter, weiter nach AMERIKA. Weit war er nicht, unser Weg, aber schön! Am Ziel angekommen, wird nun eingekehrt. Bescheiden sind unsere Ansprüche, der größte ist der Durst. Ein „Kracherl“ bzw. eine Limonade (Akli) befriedigen dieses Bedürfnis. Für Kurgäste aus Franzensbad ist Amerika ein beliebtes Ausflugsziel - besonders zur Kaffeejause. Von der gedeckten Veranda bietet sich ein schöner Ausblick auf den großen See und die malerische Landschaft. Der Hochwald tritt unmittelbar an das Haus heran.

Ausgeruht gehen wir in den gleich nebenan liegenden kleinen „Franzensbader Zoo“. Neben Reh, Fuchs, Dachs, Kaninchen, Eichhörnchen sind es besonders die Äffchen und Wachbären, die uns an der Absperrung länger verweilen lassen. Natürlich ist auch das Federvieh vertreten - Hühner, Tauben, Enten, Fasane und ein prächtiger Pfau. Gerne hätte man so eine Feder mit dem buntschillernden Auge! Nun soll’s heimzu gehen. Für einen ersten Frühlingsspaziergang soll es heute reichen. - Auf der Straße gelangen wir nach Schlada. Wir schenken uns heute den Rückweg über den Salingsteig und fahren mit dem Bus von der Haltestelle Schlada zurück in die Stadt - zurück nach Eger.

Schön war unsere Heimat! - Von dieser Schönheit können/dürfen wir leider nur noch mit offenen Augen und unter Gleichgesinnten träumen.

Zurueck zur Auswahl